Stimmen aus dem Feuilleton
Platz da für die literarische Anschauung!
»Versuch, einen Platz in Paris zu erfassen«, so heißt ein schmaler Text, den Georges Perec Mitte der siebziger Jahre schrieb. Und auch wenn Tobias Scheffel ihn nun excellent übersetzt hat, lohnt sich ein kurzer Seitenblick auf den Originaltitel, »Tentative dépuisemen d'un lieu Parisienne«. [
] Das Protokoll ist kunstlos, keine Prosa ist zu bewundern, die ihre Kraft aus den unscheinabren Dingen, den Belegstücken des Infra-»Ordinären«, zieht. Der Reiz, auf den Perec bei diesem Spiel setzt ist abstrakter, steckt in der experimentellen Situation selbst, der sich der Betrachter als Protokollant unterwirft.« Helmut Mayer, F.A.Z. 6. Januar 2011
»Perecs Werk lädt wie kaum eines ein, selbst Schöpfung zu werden. Er-schöpft nämlich ist der Platz in Paris nie. [
] Wer weiss, dass Raymond Queneau in »Stilübungen« eine Busfahrt in Paris wie ein Telegramm, einen Sportreport oder ein Sonett auf 99 Arten geschildert hat, kann im eigenen Kopf die 111 Erwähnungen von Bussen bei Georges Perec multiplizieren und sich schwindelnd die Variationen ausmalen. Das Unendliche im Mikrokosmos eines Platzes. Dafür muss man nichts wissen, weder dass in der Kirche Saint-Sulpice der Marquis de Sade getauft wurde noch dass im Café de la Mairie Georges Bataille eine antfaschistische Widerstandsgruppe leitete. Von solchen Allgemeinplätzen räumt Georges Perec die Place Saint Sulpice leer. Entrümpelt unseren Geist. Er sieht nur sein Blickfeld. Eine mönchische Etüde mitten im mondänen Paris. Ein Wegweiser ins Heute und ins eigene Herz und Hirn.« Stefan Zweifel, NZZ, 11. Dezember 2010
»Sokrates Spruch [Was wir uns in Worte fassen, können hinter uns wir lassen.] können wir als Patenwort über Perecs Buch stellen, den sein »Versuch, einen Platz in Paris zu erfassen«, ist zugleich auch ein Versuch, über die Leitfäden altherkömmlicher Landkarten und Stadtpläne hinwegzuschreiben.
Jeder Literaturfreund, der sich im Quartier Saint-Germain-des-Prés aufgehalten, im Café Flore, im Gasthaus Lipp, im Deux Magots einen Cognac oder auch nur eine kleines Glas Bier gerunken hat, kennt diesen Place Saint-Sulpice und schätzt ihren stimulierenden Reiz, den Georges Perec poetisch beschwört. Hier klingt sie Sprache, hier spielt die Musik!« Ludwig Harig, Lesart, 4/2010
»Voll Witz und Phantasie stellt er alles zur Verfügung, damit der Leser sich einen eigenen Roman zusammenstellt und ausdenkt!« Wolfgang Bortlik, 20minuten, 9. November 2010
|
|